Wie Gründer in Liechtenstein enteignet werden
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- 24. Juni
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So mancher findige Anleger hat sein Geld in der Vergangenheit über eine liechtensteinische Stiftung vor dem Fiskus versteckt. Manchen droht nun ein böses Erwachen – nicht etwa wegen Datenlecks, sondern weil sie von den übrigen Stiftungsräten aus der Stiftung ausgeschlossen werden.

Datenlecks und zunehmende Enthüllungen über Steuerhinterziehung bei liechtensteinischen Stiftungen haben zum Abzug tausender Stiftungen und milliardenschwerer Stiftungsvermögen aus Liechtenstein geführt. Dem lukrativen Geschäft der Treuhänder- und Stiftungsratstätigkeit, das vielen ehemaligen Liechtensteiner Bergbauernfamilien zu Wohlstand verholfen hat, droht damit ein deutlicher Rückgang.
Der liechtensteinische Gesetzgeber hat reagiert und seit 2009 die Anforderungen an Stiftungsverwalter deutlich verschärft. Viele ehemalige Treuhänder verfügen heute nur noch über eingeschränkte Zulassungen. Nicht wenige Treuhänder sichern ihr Einkommen jedoch durch die Absetzung unpopulärer Stiftungsräte und Stiftungspräsidenten – darunter auch der Stifter selbst.
Demontage der Fundamentplatten
Die Abberufung von Stiftungsräten, die den verbleibenden Treuhändern und Stiftungsräten im Wege stehen, sieht etwa so aus wie der folgende Auszug aus dem Protokoll einer Stiftungsratssitzung einer gemeinnützigen Stiftung, die im September 2012 in Vaduz stattfand. Zwei Mitgründer, K und G, ersterer Treuhänder, entlassen den Stiftungsratspräsidenten X, der zugleich wirtschaftlicher Stifter ist:
„Antrag des Stiftungsratsmitglieds K: Abberufung von X als Mitglied des Stiftungsrats. Beschlussfassung gestützt auf Artikel 5 Absatz 4 der Statuten. Der Stiftungsrat fasst seine Beschlüsse und führt seine Wahlen mit der Mehrheit aller anwesenden Mitglieder durch. Mehrheit: zwei Stimmen dafür, eine Stimme dagegen. X ist somit mit sofortiger Wirkung von seinem Amt als Mitglied des Stiftungsrats abberufen. Seine Position als Vorsitzender ist daher für den Rest der Stiftungsratssitzung hinfällig. Den Vorsitz der Sitzung führt künftig das Stiftungsratsmitglied K. K wird beauftragt und ermächtigt, die Umsetzung dieses Beschlusses (Streichung von X als Mitglied des Stiftungsrats) zum Grund- und Öffentlichkeitsregister anzumelden.“
Das Justizministerium gewährt keine rechtliche Anhörung.
Das Ende 2012 als Stiftungsaufsichtsbehörde eingerichtete Amt für Justiz in Liechtenstein setzt solche Beschlüsse um und löscht den abberufenen Stiftungsrat X aus dem öffentlichen Register, ohne ihn vorher auch nur zu benachrichtigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Es geht vielmehr rein aktenkundig vor, also nach Vorlage des Sitzungsprotokolls. Dieses Protokoll wird dann einfach umgesetzt. Nach der Löschung ist der ehemalige Stiftungsratspräsident X nur noch Drittbeteiligter. Er kann zwar Beschwerde einlegen, wird aber ohne inhaltliche Überprüfung durch das Amt für Justiz lediglich an die ordentlichen Gerichte verwiesen.
Irreführende Stiftungssatzungen
Die Stiftungssatzung wurde von K., dem späteren Treuhänder und Stiftungsrat, erstellt. In Deutschland wäre ein solcher Fall wegen Interessenkonflikts Sache der Staatsanwaltschaft – in Liechtenstein dürfte dies jedoch gängige Praxis sein. Die Abberufung von Stiftungsratsmitgliedern war in der Satzung nicht vorgesehen. Der Stifter ging daher davon aus, dass dies nur in begründeten, schwerwiegenden Fällen gerichtlich angeordnet werden könne. Zum Beispiel, wenn der Stiftungsrat Gelder veruntreut hätte. Dass dies durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss möglich sei, hätte der Stifter nie geglaubt.
Die Satzung regelte jedoch auch andere Beschlüsse, selbst die Wahl der Stiftungsratsmitglieder, und sah zudem ein Vetorecht für die Treuhänderin der Stiftung – die Ehefrau des Stifters – vor. Die versteckte – weil nicht explizit genannte – Möglichkeit, den Stiftungsrat mit einfacher Mehrheit abzuberufen, hatte der Verfasser der Satzung, der spätere Mitstifter und Treuhänder K., schlicht „vergessen“ – und somit auch nicht übersehen.
Seit Einführung des neuen Stiftungsrechts in Liechtenstein am 1. April 2009 ist es jedoch praktisch zwingend, dass Stiftungsstatuten auch explizite Regelungen zur Abberufung von Stiftungsratsmitgliedern enthalten müssen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Anpassung der Statuten bestand jedoch nicht, da für bestehende Stiftungen das alte Recht weiterhin gilt.
Eine vom Stifter angeregte Anpassung an das neue Stiftungsrecht wurde nicht umgesetzt. Wäre dies der Fall gewesen, hätte der Stifter selbstverständlich auf dem Vetorecht des Kuratoriums hiergegen bestanden, und eine Übernahme der Stiftung durch Abberufung des Präsidenten wäre von vornherein absehbar gewesen.



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