Neuigkeiten aus der Räuberhöhle
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- 24. Juni
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Liechtensteiner Treuhänder werden von einem fürstlichen Gerichtssystem unterstützt. Begünstigte laufen Gefahr, ihre Stiftungen zu verlieren.

„Dies ist in der Gegend üblich“, lassen zwei namhafte liechtensteinische Treuhänder über ihren Anwalt ausrichten.
Der ortsübliche Stundenlohn für eine Sekretariatstätigkeit beträgt 300 Franken, die beiden Stiftungsratsmitglieder gönnen sich 600 Franken.
Ein gemeinsames Abendessen kostet 1800 Franken.
Damit verdienen die beiden seit rund zwei Jahren pro Mann und Monat jeweils bis zu 75.000 Franken.
Gefördert durch die Stiftung, die über umfangreiche Immobilienbestände in Deutschland verfügt.
Doch die Verwahrlosung nimmt zu: Leerstände, Mahnungen und Inkassoverfahren häufen sich, Sanierungsarbeiten werden wegen unbezahlter Rechnungen gestoppt.
„Die reißen die Stiftung ab wie eine Weihnachtsgans“, kommentierte Thomas Kindler verbittert. Er wurde vom Stifter, dem Liechtensteiner Hermann Hartlaub, zum Vorstand, Geschäftsführer und Begünstigten ernannt.
Kindler übte diese Aufgabe 28 Jahre lang tadellos aus. Bis vor zwei Jahren einer der beiden Treuhänder, die wie in der Region üblich einen Pflichtsitz im Stiftungsrat innehatten, im Zuge eines Bruderstreits die Macht an sich riss.
Kindler wurde der „bloße Anschein eines möglichen Interessenkonflikts“ vorgeworfen.
Diese dreiste Behauptung, die jedem Anwalt die Haare zu Berge stehen lässt, weil sie so dehnbar ist wie Kaugummi, reichte dem Landgericht aus, um Kindler fristlos aus dem Amt zu entfernen.
Kindler hielt dies für einen schlechten Scherz, bis das Fürstliche Obergericht im Namen des Fürsten und des Volkes entschied, dass diese gesetzlich nicht vorgesehene Konstruktion ausreiche, um ihm die Verfügungsgewalt über ein Vermögen im dreistelligen Millionenbereich zu entziehen.
Seit zwei Jahren kämpft Kindler darum, die Kontrolle über das ihm entzogene Stiftungsvermögen zurückzuerlangen.
Die Verhandlung findet in einem bunkerartigen Gerichtssaal statt. Einzige Dekoration des Raumes ist ein Schwarz-Weiß-Porträt des Prinzen, aufgenommen im Profil.
Sein Blick ist konzentriert nach links gerichtet, vielleicht will er Kafka hier nicht herrschen sehen.
Auf Kindlers Frage an das Gericht, warum seine Entlassung auf der Grundlage des „bloßen Anscheins eines möglichen Interessenkonflikts“ erfolgt sei, was auf die derzeitigen liechtensteinischen Stiftungsräte nicht zutreffe, antwortete das Gericht:
„Man muss nicht alles verstehen.“
Denn unstrittig ist, dass Kindler der Zugang zur Stiftung entzogen wurde. Unstrittig ist auch, dass er seit einem Jahr keine Möglichkeit mehr hat, Einblick in deren Verwaltung und vor allem in die damit verbundenen Kosten zu nehmen.
Auch dieses Auskunftsrecht wurde – mit dem Segen der fürstlichen Justiz – wieder entzogen. Damit können die beiden neu ernannten Beamten nach Belieben agieren.
Mit ernster Miene tun die Menschen in diesem Gerichtssaal so, als sei alles mit rechten Dingen zugegangen.
Das Gericht brauchte zwei Jahre, um zu beurteilen, ob Kindlers Gegenantrag, den beiden derzeitigen Mitgliedern des Stiftungsvorstands das Recht zu entziehen, nach Belieben über Millionenbeträge zu verfügen, rechtmäßig war.
Die beiden Treuhänder und ihr Anwalt verdienen allein durch ihre physische Anwesenheit Tausende von Franken pro Gerichtstag.
Sie müssen nicht viel tun; die unendliche Geschichte wird im Januar fortgesetzt. Das Ende ist unklar. Und dies ist nur der erste Fall.
Da die Zahl liechtensteinischer Stiftungen infolge der Teilnahme am Automatischen Informationsaustausch drastisch von über 50.000 auf unter 8.000 geschrumpft ist, müssen sich die rund 140 Stiftungsräte des Landes nach neuen Einnahmequellen umsehen.
Hierzu zählt beispielsweise das Umfüllen , also die Übertragung des finanziellen Inhalts einer Stiftung in ein neues Gefäß, auf das nur der Treuhänder Zugriff hat.
Anders verhält es sich mit dem direkten Zugriff auf die Staatskasse. Der fürstliche Justizrat X sitzt wegen Veruntreuung von zwölf Millionen Euro im Gefängnis, ein ehemaliger oberster Bankenaufseher erhielt acht Jahre Haft, weil er einer Stiftung 36 Millionen Euro gestohlen hatte.
Zu weiteren konkreten Fragen schreibt der Anwalt der beiden Sachwalter: „Eine Antwort wird nicht ernsthaft erwartet.“
Allerdings birgt das neuste Modell eine Gefahr für alle Begünstigten einer Stiftung, die auch im Stiftungsrat sitzen, etwa um Umschichtungen zu verhindern.
Dies macht sie leicht verdächtig, „schon beim bloßen Anschein eines möglichen Interessenkonflikts“ zu stehen.
Sie sind schnell verschwunden – und für die liechtensteinischen Treuhänder ist der Weg frei. Wie lange wird der Fürstenhof diesem Treiben noch zusehen?



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