Neuer Skandal wirft Schatten auf den Finanzplatz Liechtenstein
- Developer tester
- 30. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen bekannten Treuhänder. Sollte sich der Missbrauchsverdacht bestätigen, wäre dies der dritte Skandal innerhalb von drei Jahren.

Im März verabschiedete der liechtensteinische Landtag eine Reform des Treuhändergesetzes, um weiteren Missbrauch zu verhindern. Kritiker halten die Reform für unzureichend.
Der Finanzplatz Liechtenstein wird von einem neuen Skandal erschüttert: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen bekannten Treuhänder (Name der Redaktion nicht bekannt). Laut Lokalmedien geht es um den Verdacht der Veruntreuung von Kundengeldern. Finanzkreisen zufolge sind seiner Bank verdächtige Zahlungen aufgefallen, für die es keine Erklärung gibt.
Die Bank nahm daraufhin Kontakt zu den Behörden auf, woraufhin eine Strafanzeige erstattet wurde. Die Ermittler haben bereits die Räumlichkeiten des Treuhänders durchsucht, um Beweismittel zu sichern. Die genauen Beträge sind noch unklar.
Zweifel an ausreichender Kontrolle der Branche
„Gegen meinen Mandanten liegen keine Anklagen vor; sämtliche Vorwürfe gegen ihn sind haltlos, was auch die Ermittlungen zeigen werden“, schrieb sein Anwalt. Liechtensteins Generalstaatsanwalt Robert Wallner wollte „keine Angaben zu diesem laufenden Verfahren machen“. Es gelte die Unschuldsvermutung.
Sollten die Ermittlungen kriminelles Verhalten ans Licht bringen, wäre dies verheerend für den Finanzplatz. Es wäre der dritte aufsehenerregende Missbrauchsfall im Treuhandsektor innerhalb von drei Jahren. Einmal mehr stellt sich die Frage, ob die Branche ausreichend reguliert ist. Der Sektor steht bereits unter Druck, wie die sinkende Zahl der Stiftungen zeigt.
Der wohl prominenteste Missbrauchsfall ist der des ehemaligen Präsidenten des liechtensteinischen Staatsgerichtshofs, der auch als Treuhänder tätig war. Der 70-Jährige veruntreute insgesamt 40 Millionen Franken von seinen Klienten. Vor zwei Jahren wurde er wegen Untreue, schweren Betrugs und Geldwäscherei zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
In einem anderen Fall wurde Treuhänder MS im vergangenen Juli wegen Untreue, Wirtschaftsbetrugs, Unterschlagung und Geldwäsche zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. MS hatte seinen Bentley, das Schulgeld seiner Kinder und die Kosten seiner Immobilien mit den Geldern bezahlt, die er in zwei Trusts für seine Klienten verwalten sollte.
Liechtenstein hingegen wirbt in einer Broschüre über den Finanzplatz mit seinem „liberalen und bewährten Stiftungs- und Trustrecht“: Mit liechtensteinischen Stiftungen und Trusts „können Vermögen über Generationen hinweg gesichert und geschützt sowie potenzielle Gefahren wie geopolitische oder Haftungsrisiken minimiert werden.“ Schade nur, wenn diejenigen, die Vermögen schützen sollen, dies selbst ausnutzen.
Reform in der Kritik
Um solche Skandale zu verhindern, verabschiedete der liechtensteinische Landtag im März eine Verschärfung des Treuhändergesetzes, die im Juli in Kraft tritt. Das Gesetz erweitert die Aufsicht der liechtensteinischen Finanzaufsichtsbehörde (FMA) auf Treuhänder. Zudem müssen Treuhänder von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Sie müssen zudem über ein „internes Kontrollsystem“ und ein „wirksames Risikomanagement“ verfügen.
Ein Insider der Liechtensteiner Treuhandbranche, der seinen Namen nicht in der Zeitung veröffentlicht wissen wollte, äußert sich kritisch: „Fälle wie den des ehemaligen Präsidenten des Staatsgerichtshofs wird diese Reform nicht verhindern.“ So sei etwa die Firma des verurteilten Treuhänders als Aktiengesellschaft organisiert gewesen, die von Wirtschaftsprüfern geprüft worden sei – denen die Veruntreuung allerdings nie aufgefallen sei.
Problematische Trusts
Das Missbrauchsproblem liegt nicht auf der Ebene der Treuhänderunternehmen, sondern auf der Ebene der von ihnen verwalteten Strukturen, also Trusts und Stiftungen. In einer Stiftung wird das Vermögen rechtlich unabhängig; der Stifter kann beispielsweise einen Treuhänder einsetzen, der seine Erben regelmäßig aus dem Stiftungsvermögen auszahlt. In einem Trust hingegen wird das Vermögen ohne rechtliche Unabhängigkeit direkt vom Treugeber auf den Treuhänder übertragen. Vom Treuhänder wird dann erwartet, dass er die Gelder auch nach dessen Tod im besten Interesse des Treugebers verwaltet.
Gerade bei Trusts hätten Begünstigte jedoch eine schwache Position gegenüber dem Treuhänder, beklagen Anwälte. „Die Auskunftsrechte sind unzureichend“, sagt Alexander Amann, selbstständiger Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Schwärzler Rechtsanwälte. Ermessensbegünstigte hätten keinen Rechtsanspruch darauf, vom Treuhänder genau zu erfahren, was dieser mit dem Trustvermögen mache. Selbst in einem Strafverfahren gegen einen Treuhänder sei unklar, ob die Begünstigten des Trusts als Nebenkläger auftreten dürfen.
Weitere Reformen geplant
Ivo Elkuch, Geschäftsführer der Liechtensteinischen Treuhändervereinigung, verteidigt die Reform des Treuhändergesetzes. „Ein wichtiges Ziel der Reform ist es, die Hürden zur Verhinderung von Fehlverhalten zu erhöhen. Wenn jemand jedoch extrem viel kriminelle Energie an den Tag legt, ist es immer schwierig, Betrug zu verhindern“, argumentiert er.
Was den Ausbau der Informationsrechte für Trusts angeht, gebe es neben Befürwortern auch viele Skeptiker, sagt Elkuch. «Zu grosszügige Informationsrechte können zu einem sogenannten Verwöhneffekt führen. Wenn jemand weiss, dass er später zwei Millionen Franken erhält, besteht die Gefahr, dass er sich weniger für die Schule engagiert und seine Ausbildung vernachlässigt.»
So könnten Treugeber beispielsweise eine möglichst restriktive Informationspolitik gegenüber künftigen Begünstigten wünschen. Eine Ausweitung der Informationsrechte könne daher dazu führen, dass die Gründung von Trusts in Liechtenstein an Attraktivität einbüßt, argumentiert Elkuch.
Die Debatte um eine verstärkte Aufsicht hält an. Das liechtensteinische Amt für Justiz weist darauf hin, dass die Finanzplatzstrategie der Regierung eine „Überprüfung des Trustrechts, genauer gesagt des Treuhandrechts“ vorsieht. Diese Überprüfung soll Ende dieses Jahres beginnen. Dabei sollen auch die Rechte der Begünstigten analysiert werden.
Es sei höchste Zeit, sagt ein Insider: „Kein anderer Finanzplatz hat eine solche Rechtslage.“


