Liechtensteins Finanzsumpf: Der Fürst will ihn in Ordnung bringen
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- 24. Juni
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Liechtensteiner Treuhänder sorgen immer wieder für Skandale. Nun soll ein neues Gesetz diesen Sumpf trockenlegen. Oder zumindest so tun, als ob.

Das hochgeschätzte Ministerium für „Präsidialangelegenheiten und Finanzen“ hat sich zur geplanten Novelle des Treuhändergesetzes bislang nicht geäußert. Selbst die Kammer der Treuhänder und Treuhänder (THK) und die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) sehen „Handlungsbedarf“. „Transparenz, Missbrauchsbekämpfung und Kundenschutz“ müssten in ein „modernes, international anerkanntes Rechtssystem“ integriert werden.
Der Prinz wird es bereuen, die Folterkammer in seiner Festung schließen zu müssen; das ist in einem modernen Rechtssystem offensichtlich nicht mehr möglich. Aber im Ernst: Die nur rund 150 lizenzierten Treuhänder des Staates machen immer wieder Schlagzeilen. Zum Beispiel mit Dekantierungen.
In Liechtenstein bedeutet dies nicht nur, den Wein zu belüften. Es geht um die Übertragung des finanziellen Inhalts einer Stiftung in ein anderes Gefäß. Der eigentliche Eigentümer oder Begünstigte bleibt dann sozusagen als Bodensatz zurück und verliert jeglichen Zugriff auf sein Vermögen. Dieses Geschäftsmodell ist auch bei den Begünstigten einer solchen Konstruktion beliebt. Ist der Stifter verstorben, stellen seine Erben überrascht fest, dass in seiner Stiftung leider kein Rappen mehr vorhanden ist. Wo ist das Vermögen geblieben? Nun, leider verhindert das Anwaltsgeheimnis jegliche Auskunft. Der kostenlose Rat lautet jedoch: Verzichten Sie auf einen Rechtsstreit.
Wem das nicht passt, der kann zwar immer noch klagen. Allerdings ist es in Liechtenstein, gelinde gesagt, sehr, sehr schwierig, überhaupt als Partei anerkannt zu werden oder überhaupt klagen zu können. Erst letztes Jahr erhielt die bekannteste Treuhandfirma vom Fürstlichen Obersten Gerichtshof eine erste Ohrfeige. Eine von ihr durchgeführte Dekantierung wurde für ungültig erklärt.
Der Grund dafür ist, dass die Geldmaschine der illegalen Geldhortung zum Stillstand gekommen ist. Nach der Finanzkrise vor zehn Jahren und infolge der verschärften Verfolgung von Steuerhinterziehern schrumpfte die Zahl der Stiftungen im Land um zwei Drittel – von über 50.000 im Jahr 2008 auf knapp 16.000 Ende 2016. Die Gründung, Registrierung und Verwaltung einer solchen Stiftung war einst eine lukrative und leicht zu erwirtschaftende Einnahmequelle. Doch heute ist der geschrumpfte Markt hart umkämpft.
Treuhänder greifen immer wieder zu illegalen Mitteln, um ihren gewohnten Lebensstil aufrechtzuerhalten. Vor zwei Jahren erschütterte der Fall des „Fürstlichen Justizrats“ und Vorsitzenden der Prüfungskommission der Liechtensteinischen Treuhänderkammer das Fürstentum. Harry G.* wurde wegen „gewerblich schweren Betrugs und Geldwäscherei“ zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Er hatte über 10 Millionen Franken veruntreut. Auch der Prominente Mario Staggl gibt keine rauschenden Partys mehr, sondern sitzt in Untersuchungshaft. Ihm wird die Veruntreuung von 25 Millionen Franken vorgeworfen.
Der ehemalige Präsident der Bankenaufsicht, der ehemalige Vizedirektor der Bank Alpinum, musste offiziell immer wieder von „bedauerlichen Einzelfällen“ sprechen, und eine Verbesserung der Aufsicht über den Treuhandberuf wurde zwar als möglich, aber nicht als dringlich erachtet. Nun aber wird gehandelt; die fürstliche Regierung schreibt in ihrer Konsultation: „In den letzten Jahren kam es zu mehreren Vorfällen, die dem Ruf der Treuhandbranche geschadet haben.“ Dies werde nicht länger toleriert: „Solche Missstände und Fehlentwicklungen müssen zeitnah und wirksam angegangen werden.“
Müssen sie, aber dürfen sie das? Ein genauerer Blick auf den Gesetzesentwurf zur Änderung des Treuhändergesetzes (TrHG) offenbart, dass es sich um reine Kosmetik handelt. Treuhänder müssen neu einen Jahresbericht erstellen, diesen der Finanzmarktaufsicht (FMA) vorlegen und von einem Wirtschaftsprüfer testieren lassen. Dies erfordert die Einführung eines „internen Kontrollsystems“ und eines „wirksamen Risikomanagements“. Was genau das bedeuten soll, darüber schweigt sich die Fürstliche Regierung aus. Auch die geplante Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchführung ist bezeichnend.
Auch der neue, vermeintlich „effektive Kundenschutz“ ist eher Illusion als Realität. Ermessensbegünstigte liechtensteinischer Trusts oder Stiftungen haben weiterhin keine Parteistellung in Aufsichtsverfahren, keine einklagbaren Auskunftsansprüche und auch keine Parteistellung in Strafverfahren gegen Treuhänder. Weniger Kontrolle ist faktisch unvorstellbar. Weniger Rechte auch nicht.
Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Opfer krimineller Treuhänder in Liechtenstein in den letzten Jahren finanziell leer ausgingen. Nach ihrer Ergreifung wanderten die Täter zwar ins Gefängnis, meldeten aber Konkurs an. Und falls überhaupt eine Haftpflichtversicherung besteht, reicht die gesetzliche Mindestdeckung von einer Million Franken in den meisten Fällen bei weitem nicht aus.
Nur wenn der Staat eingreift oder ein Fonds eingerichtet wird, kann von wirksamem Kundenschutz gesprochen werden. Solange Opfer und ihre Anwälte nicht am Strafverfahren beteiligt sind, bleibt das Ganze ein Papiertiger, eine „Schaufensterdekoration“, wie man im Bankwesen sagt. Die Fassade wird aufgehübscht und übermalt, doch dahinter verbirgt sich derselbe Sumpf wie zuvor. Fundamente werden weiterhin leergeräumt, und Opfer werden weiterhin kaltblütig auf den meist aussichtslosen Rechtsweg verwiesen.
Die Kanzlei Marxer, die diese juristische Ohrfeige einstecken musste, erhielt den Spitznamen „heimliches Justizministerium“, sagen Insider. Denn sie prägte die Gesetzgebung der Region maßgeblich. Bei knapp 38.000 Einwohnern sind die Dienstwege kurz, die Verbindungen enger als die Bindungen. So wird die Treuhänderzunft auch weiterhin für Skandale sorgen, und Privatbanken wie „Alpinum“ werden weiterhin Schlagzeilen machen, weil sie Konten für zwielichtige Gestalten verwalten. Und das Fürstenhaus wird weiterhin von bedauerlichen Einzelfällen und dem unermüdlichen Kampf für einen sauberen Finanzplatz sprechen. Gut, dass die Mauern des Fürstenschlosses mittelalterlich dick sind. Dann hört man das anschließende Gelächter nicht.



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