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Die liechtensteinischen Treuhänder

  • Autorenbild: Developer tester
    Developer tester
  • 30. Juni
  • 3 Min. Lesezeit

Die Treuhänderzunft sorgt im Fürstentum regelmäßig für Skandale, daran änderten auch neue Gesetze wenig.


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Im Ländle bedeutet Dekantieren nicht nur, den Wein zu belüften. Dekantieren bedeutet auch, den Inhalt einer Stiftung in eine andere zu gießen. Der ursprüngliche Stifter bzw. dessen Begünstigte bleiben als Bodensatz zurück. Der Treuhänder kann dann frei über die neue Stiftung verfügen.


2018 entschied das Fürstliche Obergericht erstmals, dass eine solche Dekantierung rechtlich ungültig und umkehrbar sei. Dies war ein Schlag ins Gesicht für die beteiligte Kanzlei Marxer, die lange als geheimes Justizministerium Liechtensteins galt. Die Kanzlei ist auch in den Crypto-AG-Skandal verstrickt; sie trug dazu bei, die tatsächlichen Eigentümerstrukturen zu verschleiern.


In Vaduz sind die Wege und Behördengänge kurz. Nachdem das bewährte Geschäftsmodell, Stiftungen oder Trusts als illegale Geldreserven zu gründen, scheiterte, schrumpfte die Zahl der Stiftungen um zwei Drittel. Umso stärker mussten Verluste durch Provisionen, Kickbacks, Retrozessionen und saftige Verwaltungsgebühren ausgeglichen werden. Oder es wurde zu kriminellen Methoden gegriffen. Lorenz K. , ehemaliger Präsident der Bankenaufsicht, erhielt wegen Veruntreuung von 36 Millionen Franken aus einer Stiftung eine achtjährige Haftstrafe. Der fürstliche Rechtsrat Harry G. sitzt wegen Veruntreuung von bis zu 50 Millionen Franken im Gefängnis. Auch der extrovertierte Mario S.*, in dessen Bar Esquire rauschende Partys gefeiert wurden, bis er seine Allüren aufgab und wegen Veruntreuung von bis zu 25 Millionen Franken in Untersuchungshaft saß, war ein leuchtendes Beispiel für die liechtensteinische Treuhand- und Vermögensverwaltungsbranche.


Nach zähen Kämpfen und langen Geburtswehen wurde Anfang März 2020 eine überarbeitete Fassung des liechtensteinischen Treuhändergesetzes verabschiedet. Sie tritt im Juli in Kraft, sofern kein Referendum ergriffen wird. Die Aufsicht wird vom Fachausschuss der Liechtensteinischen Treuhänderkammer auf die Finanzmarktaufsicht (FMA) übertragen. Treuhänder sind neu verpflichtet, jährlich einen Bericht zu erstellen, und die FMA hat zudem das Recht, Interessenkonflikte und das Risikomanagement der Treuhänder zu prüfen.


Diese Gesetzesänderung sieht jedoch nur scheinbar eine verstärkte fürstliche Aufsicht und Kontrolle vor. Laut Gesetzestext sind „keine persönlichen Geschäfte“ erlaubt. Das bedeutet, dass Treuhänder keine Stiftungsgelder an Unternehmen weiterleiten dürfen, an denen sie beteiligt sind. Die Rechtsprechung zeigt jedoch, dass dieser Begriff sehr großzügig ausgelegt wird; so reicht beispielsweise die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat eines solchen Unternehmens nicht aus, um einen Interessenkonflikt zu begründen, entschied das Fürstliche Obergericht im Februar.


Weder die Anforderungen an den Jahresbericht noch an das Risikomanagement stellen eine wesentliche Verbesserung gegenüber der aktuellen Situation dar. Vor allem die Stellung der Stiftungsbegünstigten wurde nicht verbessert. Sie haben weiterhin keine Parteistellung in Gerichtsverfahren, kein Auskunftsrecht und keine Parteistellung in Strafverfahren gegen Treuhänder. Damit bleiben sie den fürstlichen Staatsanwälten und deren Launen ausgeliefert. Denn wer sich betrogen oder getäuscht fühlt, muss Beweise und Indizien für einen Anfangsverdacht vorlegen können.


Zum Entsetzen von Parlament, Regierung und Prinzen droht ein weiterer potenzieller Veruntreuungsskandal. Offenbar nach einem Hinweis einer kontoführenden Bank wurde gegen Rechtsanwalt NT* ein Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Veruntreuung von Kundengeldern in Millionenhöhe eingeleitet. Der ehemalige Präsident der Prüfungskommission für Treuhänder und Rechtsanwälte hat sich im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit ein kleines Imperium aufgebaut.


Trotz all seiner vielfältigen Aktivitäten fand T. immer noch Zeit, die wohl exklusivste und vollständigste Rolls-Royce-Sammlung aufzubauen. Ein schönes Beispiel dafür, wie wertvoll es ist, sich einfache Ziele zu setzen. T. wollte einfach von jedem jemals gebauten Rolls-Royce ein Exemplar besitzen. Ziel erreicht; dann musste T. nur noch eine Kiste darum bauen – und die Leute es bewundern lassen.


Kurzum: „Der Name T. steht seit 30 Jahren für Vertrauen, Qualität, Diskretion, Individualität und Kompetenz“, wirbt der CEO. Immerhin hat die Diskretion ein Ende. Die Staatsanwaltschaft des Fürstentums will sich allerdings „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht zum Verfahren äußern. Auf einen Fragenkatalog antwortete der Generalstaatsanwalt lapidar: „Ich werde mich dazu nicht äußern.“ Die Liechtensteinische Treuhänderkammer „kann bestätigen, dass wir einen Fall untersuchen, der auch Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen ist.“ Allerdings müsse „das Disziplinarverfahren eingestellt werden, wenn in dieser Sache ein Strafverfahren eingeleitet wird.“


Der Ermittelte lässt seinen Anwalt Franz Josef Giesinger erklären: „Alle Vorwürfe gegen meinen Mandanten sind haltlos, wie auch die Ermittlungen zeigen werden.“ Statt seinem Mandanten zu raten, die ihm gestellten Fragen zu beantworten, verfügt der Anwalt: „Mein Mandant untersagt Ihnen ausdrücklich jegliche identifizierende Berichterstattung.“ Als wäre das Wort in Vaduz nicht schon von den Zinnen des Fürstenpalastes zu hören gewesen, fügt Giesinger drohend hinzu: Bei Nichteinhaltung „wird mein Mandant Schadensersatz und Entschädigung geltend machen.“

 
 
 

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LIECHSTEIN -PAPIERE

30 investigative Artikel, kuratiert und ins Deutsche, Englische, Spanische und Russische übersetzt. Entdecken Sie, was der globale Journalismus über Stiftungen, Treuhänder und Trust-Skandale in Liechtenstein enthüllt.

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